Im Osten nichts Neues oder Wer wem den Hintern auswischt

Mit der Vergabe eines Stückauftrags beschreitet missingdots neue Wege. Bisher wurden die Inszenierungen durch Stückentwicklungen aus dem Team heraus und auf Basis von Themenkomplexen  erarbeitet – einzige Ausnahme war die Inszenierung Land ohne Worte von Dea Loher 2020 im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau.

Das Theaterstück Im Osten nichts Neues oder Wer wem den Hintern auswischt ist das Ergebnis einer gemeinsamen Ost-Safari durch Sachsen im Herbst letzten Jahres. Die Besonderheit hierbei ist, dass die Autorin Kaśka Bryla von Beginn an Teil der Genesis des Projektes war. Kaśka Bryla ließ die gesammelten Eindrücke in ihr Roadmovie-Drama einfließen. Sie sagt selbst: „Als Autorin und Kind polnischer Migrant*innen in Österreich, wurde mir auf der Recherchereise durch Sachsen, aber speziell in Görlitz/Zgorzelec, bewusst, dass die deutsch-polnische Beziehung im Stück eine zentrale Rolle bekommen sollte und in erster Linie aus der migrantischen Perspektive reflektiert werden muss.”

Der Plot
Julia und Sunny sind verheiratet und betreiben gemeinsam die kleine Werbefirma „Worten trauen“. Von einem Werbeunternehmen wurden sie beauftragt, einen Film über Sachsen zu drehen: „Sachsen – Land der Träume“, um die betuchte ältere Bevölkerung des Westens auf potenzielle Senior*innen-Residenzen samt Rundum-Sorglos-Care-Paket aufmerksam zu machen. Während ihrer Recherchereise durch Sachsen nehmen sie die polnische Tramperin Milena mit, die auf dem Weg zu einem Pflegejob in Bad Elster ist. Sie soll im kommenden Monat Herrn Konrad den Hintern abwischen, aber beschließt kurzerhand den Job abzusagen und stattdessen das lesbische Paar auf ihrer Recherchereise zu begleiten. Eines Nachmittags verschwindet Sunny spurlos. Auf der Suche nach ihr treffen sie in Görlitz auf die Polizistin Aziza. Ihre Vision einer besseren Welt spiegelt sich im PSoC – Polizeitrupp Sachsen of Color – wider. Es gibt jede Menge Beweise, Widersprüch sowie diverse Perspektiven zum Fall Sunny und zum Schluss ein Hopeful-End.

Premiere 5.10.2023, HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste
weitere Termine

Künstlerisches Team
Idee: Julia Amme, Kaśka Bryla, Nora Otte
Autorin: Kaśka Bryla
Regie: Nora Otte
Schauspiel: Julia Amme, Aziza Bouizedkane, Laila Nielsen
Kostüm und Bühne: Steffi Rehberg
Video: Katharina Groß
Sound und Musik: Clemens Levin
Lichtdesign: Martin Mulik
ÖA: Frieda Pirnbaum
Objektbau: Gerd Hänsel
Outside Eye: Duygu Ağal, Jasmina Rezig
Produktionsassistenz: Freya Gemeiner

Koproduktionspartner
HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste

Förderer
Fonds Darstellende Künste #takeHeart
Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Amt für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden

30 Jahre Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Wir wurden mit unserem Mobilen Büro für echte Befindlichkeiten zur Jubiläumsfeier 30 Jahre Kulturstiftung des Freistaates Sachsen eingeladen und haben dort die Ergebnisse unserer Ost-Safari präsentiert sowie das daraus entstandene Theaterstück Im Osten nichts Neues oder Wer wem den Hintern auswischt von Kaśka Bryla und das Künstlerische Team der Inszenierung vorgestellt.

Es konnte in Literatur aus Sachsen gelesen, die bereisten Orte in einem Bildertagebuch und Trailer angeschaut werden. Zusätzlich wurde den Besucher:innen die Möglichkeit gegeben, auf zwei Fragen ihre Antworten zu hinterlassen:
Was findest du in Sachsen attraktiv ?
Was findest du in Sachsen unattraktiv?
Daraus ergaben sich interessante Gespräche über Sachsen: wie es war, wie es ist und wie es sein könnte.

Veranstaltung: 16. Mai 2023, HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste
Team Mobiles Büro: Julia Amme & Frieda Pirnbaum
Veranstalter: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Fotos: André Wirsig

Das A&O von missingdots

Bei der zweimonatigen Recherche konnten Julia Amme und Nora Otte das gesamte Archiv von missingdots evaluieren und sich in einen intensiven Austausch zu den einzelnen Inszenierungen, Projekten, Recherche-Formaten, Aktionen im öffentlichen Raum, PopUps, Stipendien und partizipativen Formaten der letzten 13 Jahre begeben. Dabei nahmen sie wahlweise den Blickwinkel der Theatermacherinnen ein oder für Produktionen, in denen sie selbst nicht involviert waren, die Perspektive des Publikums. Es wurden die personellen und strukturellen Veränderungen der vergangenen Jahre in Bezug zu den Auswirkungen auf das gemeinsame kreative Arbeiten bei missingdots (ehemals: Theater La Lune) hin untersucht: Was hat bisher funktioniert? Wo bedarf es einer Veränderung bzw. Umstrukturierung?

Auch der Fundus – ein Container, in dem die abgespielte Ausstattung von missingdots gelagert wird – wurde einmal aus- und neu sortiert, so dass es nun einen dezidierten Überblick über sämtliche Materialien gibt, die für andere Produktionen, im Sinne der Nachhaltigkeit, wiederverwendet bzw. verliehen werden können.

Am Ende unserer Evaluation steht eine umfangreiche Sammlung, die als Grundlage für weiterführende inhaltliche, künstlerische und strukturelle Entwicklungen genutzt werden kann. Wir freuen uns auf neue kleine und große Projekte in der Zukunft und bedanken uns bei HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste für die Residenz im Förderprogramm #TakeHeart des Fonds Darstellende Künste.

Residenz-Künstlerinnen: Julia Amme & Nora Otte
Residenz-Zeitraum: März/April 2023
Residenz-Produktionshaus: HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste
Förderer: Fonds Darstellende Künste

Fotos: Vira Dumke